Die 10 Gebote des Werbers

  1.  Fangen wir mit dem wichtigsten an – deinem Style: Zieh dich exakt so an wie die Idioten der Vice „Do Liste“. Achte bei Deiner schwarzen Kunststoffbrille darauf, dass die Gläser echt aussehen. Montag Mittag bevor Du dich auf dem Weg in die Agentur machst, stempelst Du Dir noch schnell eine 25 oder was vergleichbares auf deinen Handrücken und verwischst das ganze etwas. Halte Deine Frühstückszigarette nochmal für 1,2 Minuten direkt unter Deine Augen und fahr los.
  2. Als guter Kreativer sprichst Du nicht den Konsumenten an, sondern die zwanzig CDs in Berlin oder Hamburg, die dich demnächst eventuell einstellen könnten (Du erträgst Düsseldorf einfach nicht mehr).  Deshalb ist es wichtiger, einen Löwen in Cannes oder einen ADC Nagel zu gewinnen als Marktanteile für den Kunden.
  3.  Die erste Idee ist immer die beste, meistens bist Du nach 20 Minuten fertig. Warte trotzdem drei Wochen, bevor Du präsentierst, damit Du ernst genommen wirst.
  4. Die Werbung ist der einzige Beruf, in dem Du dafür bezahlt wirst, Dinge von der ersten Idee bis zur Abgabe immer schlechter zu machen. Wenn du eine geniale Idee präsentierst und der Kunde durch seine Bedenken die ganze Kampagne kaputt redet, denkst du intensiv an dein Gehalt, schluderst getreu seiner Anweisung in gestoppten dreißig Sekunden irgendeinen Mist zusammen und baust Palmen ins Storyboard ein, damit du endlich für eine Woche nach Miami oder ans Cap fliegen kannst, um dort zu drehen.
  5. Zu Meetings kommst du grundsätzlich zu spät. Ein Kreativer der pünktlich ist macht sich unglaubwürdig. Beim Betreten des Raumes indem seit einer Dreiviertelstunde alle auf dich warten, entschuldigst du dich auf gar keinen Fall, sondern sagst nur: «Hi, ich habe drei Minuten für Sie,»” Oder du zitierst Roland Barthes: «Nicht Traum verkauft, sondern Sinn.» (Oder, weniger edel, Raymond Loewy: «Hässlichkeit verkauft sich schlecht.») Dann denkt der Kunde, er bekommt was für sein Geld. Nie vergessen: Der Kunde beauftragt Kreative wie Dich, weil sein eigenes Laben so stinklangweilig und spiessig ist. Lass den intellektuellen Punk raushängen und er wird dich lieben.
  6. Morgens kommst Du nie vor 12 in die Agentur, antwortest auf kein „Guten Morgen“, machst drei Stunden Mittagspause und bist an deinem Arbeitsplatz nie zu erreichen. Jeden Hauch einer Kritik weist du mit den Worten zurück: «Ich habe keine Stundenpläne, sondern Deadlines.»
  7. Wenn du unvorbereitet zu einem Kundentermin gehst, sprich als Letzter und greif alles auf, was der Marketingleiter die letzten 2 Stunden gesagt hat. Entscheider lieben es, wenn jemand exakt Ihrer Meinung ist. Bastel ein paar (ausgedachte) Buzzwords und Statistiken dazu (z.B. „80% aller purchase decisions im Endconsumer Bereich sind liquide mulitkausal-emotionale Prozesse“) und du hast gewonnen.
  8. Zeigt dir ein Kollege eine gute Idee, lässt du ihn keinesfalls merken, wie sehr du seinen Einfall bewunderst. Sag, das ist doch Hühnerkacke, poppt überhaupt nicht, wird nie verkaufen, und außerdem ist es Asbach uralt, zehntausendmal gesehen oder von einer englischen Kampagne von vor zig Jahren abgekupfert. Legt er dir wirklich Hühnerkacke vor, sagst du: «super Idee» und tust, als wärst du sehr neidisch.
  9. In der Pinkelpause bei wichtigen Präsentationen verschwindest Du für 5 Minuten aufs Klo und machst das, was von Dir erwartet wird. Wenn du dir kein echtes Koks leisten kannst, hau Dir diese pupillenerweiternden Augentropfen und 3 Koffeintabletten rein. Wenn es weitergeht, fängst Du nach 10 Minuten unglaublich zu schwitzen an und findest plötzlich alles ganz fantastisch.
  10. Der Unterschied zwischen einem Senior und einem Junior ist, dass der Senior mehr verdient und weniger arbeitet. Je teurer du bist, desto weniger redest du, findest aber umso mehr Gehör. In diesem Beruf hältst du entsprechend deiner Bedeutung den Mund – du giltst als umso genialer, je weniger du redest. Logische Konsequenz: Um dem CD eine Idee zu verkaufen, musst du ihm einreden, dass sie sein Einfall war. Deshalb präsentierst du deine Vorstellungen mit den folgenden Sätzen: «Ich habe intensiv über das nachgedacht, was du gestern gesagt hast», oder: «Ich habe deine Idee von letzter Woche aufgegriffen», oder auch: «Ich bin auf deinen ersten Ansatz zurückgekommen.» Wobei es sich natürlich von selbst versteht, dass der CD gestern nichts gesagt hat, vor einer Woche keinen Einfall hatte und nie auch nur einen Ansatz zu einer Idee. Das Gegenteil machst Du mit deinen Lakaien: Deligiere die gesamte Arbeit an deinen Praktikanten: Wenn es klappt, heimst du die Lorbeeren ein, wenn es floppt, fliegt er raus.