ACTA in plain Deutsch

Liebe Freunde wir brauche eure Hilfe. Ja, wirklich jetzt. Und es ist dringend.

Bitte nehmt Euch einen ganz kurzen Moment und schaut euch dieses Video hier an:

Die sind ganz schön sauer, wa? Das ist in Polen und die Polen demonstrieren gegen etwas, das “ACTA” heißt. Gut, denkt ihr jetzt: Diese ehemaligen Ostblockländer haben immer mal wieder schlimme Regierungen, die schlimme Gesetze verabschieden. Kann man ja verstehen, dass die demonstrieren.

Aber ACTA ist kein Gesetz und vor allem kein polnisches. Und deswegen gehen nicht nur die Polen, sondern auch die Leute in Frankreich, Belgien und vielen anderen europäischen Ländern auf die Straße. ACTA ist nämlich ein so genanntes “Handelsabkommen” mit vielen internationalen Partnern. Und einer der Partner ist die EU – also auch die Polen. Und: richtig, auch wir. Letzten Donnerstag unterzeichnete einer der EU-Verantwortlichen den Vertrag. Und zwar in Japan.

Gut, denkt ihr. Ein Handelsabkommen. Das ist doch schön. Brummt die Wirtschaft wieder, es geht bergauf. Was regen sich die Leute also so auf, dass sie zu Zehntausenden bei minus 15 Grad auf die Straße gehen?

Nun, dieses Handelsabkommen hat es in sich. Es verpflichtet die Unterzeichnenden Staaten dazu einige ihrer privaten Unternehmen zu einer Art Polizei umzufunktionieren. Sie sollen Wache schieben, Streife fahren und kontrollieren und auch bestrafen. Wen? Schlimme Verbrecher bestimmt. Nein, Euch! Ja, richtig gelesen, es geht um Euch!

Eines der Ziele von ACTA ist es zum Beispiel euren Internet Service Provider (das ist das Unternehmen, wo ihr wegen Internet immer Geld hin überweist) dazu zu verpflichten, alles was ihr im Internet so tut genauestens zu überwachen. Und euch auch gleich zu bestrafen, falls ihr nicht spurt. Zum Beispiel urheberrechtsgeschützes Material widerrechtlich besorgt. Dann ist das Internet weg. Zack!

All das gilt natürlich für viele Dienstleister, vor allem im Internet. Auch der Google soll euch überwachen, der Youtube und auch der Facebook. Und sie alle sollen euch auf die Finger klopfen, wenn ihr “böse” seid. Ihr glaubt, das geht doch gar nicht? Das können die GoogleFacebookYoutube doch gar nicht leisten, so viel zu überwachen? Wahrscheinlich habt ihr recht. Und dann gibt es eben kein GoogleFacebookYoutube mehr. Jedenfalls nicht so, wie wir es kannten, weil diese Dienste sonst mit Klagen überrollt werden. Sie sind dann nämlich nun für euch “verantwortlich”.

Ja, ACTA will nicht weniger, als das Internet – in dem sich jeder frei ausdrücken kann – zu zerstören. Sie wollen das Internet zwingen, zu einer Art Fernsehen zu werden, wo nur ihr Programm läuft und Ihr gefälligst wieder die Schnauze zu halten habt.

Jetzt fragt ihr natürlich, wer diese “die” sind, die das machen wollen.

“Sie” sind die internationale Inhalterechteverwertungsindustrie. All die Labels, Verlage, Filmstudios etc., die wegen dem Internet ihre Geschäftsmodelle bedroht sehen. Sie finden das nicht gut, was hier passiert. Es stört ihre Bilanzen. Sie glauben leider, dass sie ihr Geld, statt für den Aufbau wirklich attraktiver Downloadportale, lieber in Anwälte und Lobbyisten investieren sollten, um die Staaten und Internetdienste dazu zu bringen, ihr Geschäftsmodell zu beschützen. Dass sie die Meinungsfreiheit im – wie wir seit letztem Jahr wissen – wichtigsten politischen Medium damit zerstören, ist ihnen egal.

Und bei diesem Wahnsinn machen die Politiker mit?

Es sieht leider so aus. Leider gehören auch die Politiker größtenteils eher zu den “netzpolitisch weniger interessierten” Menschen. Sie wissen wenig über das Internet und haben ein offenes Ohr für Leute, die darüber klagen, dass etwas neues, komisches (dieses Internet) ihr jahrzehnte doch so super funktionierendes Geschäftsmodell kaputt macht. (Denkt denn keiner an die Arbeitsplätze?!?)

Aber, wenn das alles so wichtig und schlimm ist – fragt ihr euch jetzt sicher – warum hab ich dann noch nie etwas darüber erfahren?

Zum einen ist das natürlich gewollt. Die Verträge zu ACTA wurden über Jahre unter absoluter Geheimhaltung entwickelt. Es hat lange gedauert, bis überhaupt zugegeben wurde, dass es so ein Abkommen gibt. Die Versionen des Vertragswerkes, die wir kennen, wurden von Netzaktivisten “geleakt” (ja, so wie bei Wikileaks).

Zum anderen erfährt man darüber nichts in den klassischen Medien, weil die klassischen Medien selber Nutznießer dieses Abkommens sind. Ob ihr es glaubt oder nicht, es stinkt den Verlagen auch hierzulande, dass ihr lieber den Facebook lest, statt die Gala und lieber drollige Katzenvideos auf dem Youtube klickt, statt Bauer sucht Frau zu gucken. Da verdienen die nämlich nichts dran. Warum sollten sie Euch also was über ACTA erzählen? Ist schließlich auch scheiße kompliziert und passt irgendwie nicht in die Abendnachrichten.

Und nu? Is jetzt alles vorbei? Haben “die” gewonnen?

Nee, noch nicht ganz. Das europäische Parlament muss erst noch über ACTA abstimmen. die ACTA-Macher glaubten, dass das nur reine Formsache wär. “Einmal abnicken, bitte!” Aber in Polen und in anderen teilen der EU regt sich der Widerstand. Es wird langsam aber sicher eine Öffentlichkeit für das Abkommen geschaffen und in ganz Europa merken die Menschen, dass es hier um sie geht und um die Zukunft der Demokratie und Meinungsfreiheit. Nur in Deutschland noch nicht. Aber das kann sich ja ändern!

Okay! Was kann ich tun?

Zunächst einmal ist das wichtigste hierzulande überhaupt mal Öffentlichkeit zu schaffen. Ich kann das nicht. Blogs können das nicht. Die werden in Deutschland leider nicht gelesen. Deswegen brauche ich ja auch Eure Hilfe. Also tut mir bitte den Gefallen und teilt diesen Post an möglichst alle Eure Freunde. Je weniger Internetnerd, desto besser.

Und informiert Euch weitergehend. Zum Beispiel hier gibt es sehr anschauliche Videos. (netzpolitik.org ist sowieso eine gute Adresse für Nachrichten dieser Art. Bei Interesse einfach hier die Facebookpage liken. dann bekommt ihr deren aktuelle News in Euren Nachrichtenstrom.)

Dann gibt es eine Demo am 11. Februar um 15:00 in ganz Deutschland. Tretet für aktuelle Nachrichten dem Facebookevent bei. Es ist wichtig, dass dort so viele Menschen hinkommen wie möglich, damit die Politiker und Lobbyisten merken, dass die Bevölkerung nicht schläft. Nicht mal in Deutschland.

Unterschreibt bitte auch bei dieser internationalen Petition:

Und dann ist es natürlich immer gut, wenn man versucht, den eigenen Euroabgeordnenten zu dem Thema zu kontaktieren und auf die Gefahren aufmerksam zu machen.

Liebe – hoffentlich – netzpolitisch nicht mehr ganz so uninteressierten Freunde, ihr merkt, das Netz geht uns alle an. Es ist ein wichtiger Baustein für eine demokratische Zukunft. Wir müssen auf es aufpassen, denn es gibt viele undemokratische Menschen, die es aus eigennützigen Interessen zerstören wollen und viele Politiker, die das nicht verstehen. Um es zu beschützen, braucht es auch eure Wachsamkeit, denn glaubt mir, das ist alles erst der Anfang.